| | Anmelden |
Walter Schütz: Rückblick auf eine erfolgreiche Epoche der Turngemeinde Camberg (TG Camberg) im Geräteturnen
1948, ich hatte den zehnten Geburtstag noch nicht erreicht, bin ich in unseren Turnverein, die TG Camberg, eingetreten und habe dann bis zum Jahr 1964 sehr aktiv am Geräteturnen und an der Leichtathletik teilgenommen. Die Turnstunden der Schüler wurden im Saal des Gasthauses "Nassauer Hof" abgehalten. Ein Schüler wurde erst dann aufgenommen, wenn er wenigstens 10 Jahre alt war. Turnlehrer war Johann Nicklas, ein älterer Mann, dem ich vorflunkerte, die geforderte Altersgrenze erreicht zu haben, um endlich zur Turnstunde gehen zu können.
In den folgenden 15 Jahren, also etwa von 1950 bis 1965, war ich stark an der Entstehung einer Turnriege beteiligt, die im Turngau Mittellahn ungewöhnlich viele Wettbewerbe gewann.
Ich habe davon fleißig die Presseberichte gesammelt und möchte diese nachfolgend in Erinnerung rufen. ln erster Linie sind es Berichte über meine Beteiligung an den Wettbewerben. Dies ist sicher etwas einseitig, soll aber so verstanden werden, dass es mir bei der Sammlung um die Beschreibung meiner Erlebnisse und nicht um die Anfertigung eines Stücks Chronik der TG Camberg ging.
Das Kinderturnfest
Die Turngau Mittellahn veranstaltete für den Turnernachwuchs jährlich ein Kinderturnfest. 1952 fand dieses Fest in Wilsenroth statt. Mehr als 700 Schüler und Schülerinnen nahmen daran teil.
Am stärksten besetzt war der Siebenkampf der Schülerklasse A mit über 100 Teilnehmern. Doch wir Camberger Schüler ließen uns nicht einschüchtern ! Ich selbst wurde erster Sieger, Helmut Lenz erreichte Platz 2.
Die Limburger Neue Presse berichtete:
Schüler, Klasse A, Siebenkampf:
TG Camberg -Abteilung Leichtathletik
ln den folgenden Jahren war ich etwas mehr an der Leichtathletik interessiert, ließ aber das Turnen nicht ganz aus den Augen. Das Entstehen der neuen TG-Abteilung
war am meisten Wolfgang Emmenthal und Klaus Schmitt zu verdanken.
Meine besten Ergebnisse habe ich im Weitsprung erzielt:
1956 - Jugendmeisterschaften Bezirk Wiesbaden in Wiesbaden, Sportplatz Kleinfeldchen, Weitsprung, 1. Platz Walter Schütz, 6.20 m
1958 - Bezirksmeisterschaften in Wiesbaden, Stadion, Weitsprung, 1. Platz und Bezirksmeister Walter Schütz, 6.45 m
Ich erinnere mich, dass ich die Weite von 6.45 m im 6. Versuch erzielte. Dies waren 2 cm mehr als die Weite des bis dahin führenden Georg Müller aus Elz. Glück gehabt!
Es fällt auf, dass in der Urkunde von 1958 vermerkt ist "und Bezirksmeister", während die Urkunde des Sieges in der A-Jugend diesen Vermerk nicht enthält. Hier heißt es schlicht:" ... errang im Weitsprung den 1. Platz."
Den Titel "Meister" hat man nur den Siegern in der offenen Klasse der Erwachsenen verliehen.
Anhebung des Niveaus an den Turngeräten
1958 begann ich mein Jurastudium in Frankfurt am Main. Ich fand heraus, dass dort der führenden Turnverein "Turn- und Fechtgemeinde Eintracht" hieß und das Turntraining in einer Halle im Oederweg stattfand. Zwar war im Vereinsnamen der Begriff "Eintracht" enthalten, es bestand jedoch keine Zugehörigkeit zur Fußball-Eintracht. Man hatte sich bereits über 50 Jahre zuvor getrennt. Ich wurde Mitglied dieser Eintracht. Eine gute Entscheidung, denn dort konnte ich mein Niveau an den Geräten erheblich verbessern.
Unser damals bester Turner in der TG, Fritz Krückau, Jahrgang 1935, studierte an der TH Darmstadt, und er konnte in Darmstadt am Turntraining teilnehmen und dort sein Niveau an den Turngeräten ebenfalls erhöhen.
ln Garnberg trafen wir uns an den Wochenenden zum gemeinsamen Training. Geleitet wurde es von Helmut Thies. Er war über viele Jahre maßgeblich unser Betreuer und gab uns im Training unermüdlich Hilfestellung. Seine Arbeit führte dazu, dass bei uns schließlich eine größere Zahl guter Turner eine Riege bildete, die im Turngau über eine Epoche von ca. 5 Jahren ungewöhnlich viele Erfolge erturnte.
Der Riege gehörten an:
Fritz war auch ein begeisterter Skifahrer. Schade, dass er sich bei harten Stürzen die Schulter verletzte, so dass er manchen Turnwettkampf nicht bestreiten konnte oder einzelne Geräteübungen auslassen musste.
Erfolge auf den Gauturnfesten
Im Turngau wurde in jedem Sommer das "Gauturnfest" veranstaltet. Bei diesem Wettkampf gab es keine Mannschaftswertung, sondern es kämpften jeder Tuner und
jede Turnerin für sich selbst. Die Limburger Neue Presse informierte im Juli 1961 über das Gauturnfest in Niederbrechen mit folgenden Ausführungen:
"Wie erwartet: W. Schütz
So stark wie in Niederbrechen war der Deutsche Zehnkampf nach dem Krieg noch nie besetzt. Was wir vor Wochen bereits angedeutet hatten, traf ein: Gewonnen wurde der Deutsche Zehnkampf von dem auch im Geräteturnen sehr starken W. Schütz (Camberg) ... "
Am 6. Juli 1964 berichtete dieselbe Zeitung:
"Walter Schütz und Heidi Lowitz wurden Turnfestsieger."
"Erwartungsgemäß konnte sich Horst Kireher (Rückershausen) gegen Walter Schütz (Camberg) im Deutschen Zehnkampf nicht durchsetzen. ( .. . ) Sehr beachtlich waren die Leistungen des Siegers an den einzelnen Geräten und bei den leichtathletischen Übungen:
Mit dem ersten Rang im Deutschen Zehnkampf wurde Walter Schütz gleichzeitig Turnfestsieger."
Am 21.6.1965 berichtete die Neue Presse:
"Walter Schütz von der TG Garnberg verteidigte seinen "Titel" Turnfestsieger erfolgreich .. . "
"Im Deutsche Zehnkampf kam es zu einem Duell zwischen Schütz (Camberg) und Karnoll (Weilmünster). Der Camberger lag am Ende mit 2.30 Punkten Abstand vorn. Dritter wurde hier mit 2.35 Punkten Abstand zum Zweiten Julius Möller (Eiz) und erst an vierter Stelle kam Rainer Schlicht, der zweifellos bei einem Start im olympischen Zwölfkampf besser abgeschnitten hätte."
ln die Siegerliste trugen sich noch folgende TG-Turner ein:
Bester an den Geräten: Rudolf Thies
Auf dem Gauturnfest 1961 in Niederbrechen wurde ein junger Geräteturner weithin als bester seines Fachs bekannt: Rudolf Thies aus Würges (Jahrgang 1929).
Die Neue Presse schrieb:
"Im Mittelpunkt des Interesses standen am Sonntag Vormittag natürlich der olympische Zwölfkampf und der Deutsche Zehnkampf. Was dem Würgeser Nachwuchstalent bei den Gaugerätemeisterschaften noch versagt geblieben war, glückte ihm diesmal: der Vorstoß an die Spitze der Rangliste. Thies turnte überaus beständig, lag mit keiner Wertung unter 9.10 Punkte und gewann mit fast 3 Punkten Vorsprung."
1964 lautete die Schlagzeile:
"R. Thies vor R. Schlicht im Zwölfkampf.
Der Olympische Zwölfkampf stand ganz im Zeichen des Vorjahressiegers Rudolf Thies (Würges), aber nicht Ernst Klarsy (Eiz) hieß sein schärfster Konkurrent, sondern Rainer Schlicht, der gute Nachwuchsturner der TG Camberg."
Geräte-Mannschaftsmeisterschaften
Für den Wettkampf der Vereinsriegen wurde im Winter die „Geräte-Mannschaftsmeisterschaft" ausgetragen. Der Turngau vergab hier keine Auszeichnung einzelner Turner. Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit unserer Camberger Turnerriege führte dazu, dass sie 1960 im Turngau im Wettstreit der Vereinsriegen eine Vorherrschaft erzielte, die bis 1965 anhielt.
Die Limburger Neue Presse berichtete in der Ausgabe vom 3. Dezember 1962 auf Seite 1:
"Mit über elf Punkten Vorsprung gegenüber Elz, Villmar und Daubern sicherte sich die Riege der TG Garnberg am Samstagabend in der Camberger Turnhalle zum dritten Mal hintereinander die Gerätemannschaftsmeisterschaft der Gauklasse Mittellahn. Die beiden ersten Plätze belegten die Camberger Fritz Krückau und Walter Schütz, den unser Bild bei der Stützkehre am Barren zeigt."
Vierter Sieg von TG Camberg.
ln der Besetzung Neuberger, Essl, Schlicht, Krückau und Schütz holte sich in der Villmarer Turnhalle die Turngemeinde Camberg nunmehr zum vierten Male hintereinander mit 220,20 Punkten den Titel eines Gaumeisters im Geräte-Mehrkampf der Gauklasse. Zweiter wurde der TV Elz. ( ... ) Der Sieg der Garnberger war vollauf verdient und resultierte aus einer ausgeglichenen Mannschaftsleistung, waren doch alle Turner dieses Vereins in der Einzelwertung unter den zehn besten Teilnehmern.
Die Bilanz an den einzelnen Geräten unterstrich die Vormachtstellung der Camberger. Beim Pferdsprung machten die Kneippstädter gegenüber den Elzern 0,55 Punkte und an den Ringen sogar 2,35 Punkte gut. Der Stand nach den ersten beiden Geräten bedeutete praktisch schon die Entscheidung für Camberg. An den anderen Geräten war der Abstand der beiden Kontrahenten jeweils sehr gering, am Reck erhielten beide Riegen die gleiche Punktzahl.
Zu der erwarteten harten Auseinandersetzung zwischen den Cambergern Krückau und Schütz und dem Elzer Ernst Klersy um den Sieg in der Einzelwertung kam es nicht. Zwar waren Krückau und Klersy nach dem dritten Gerät noch punktgleich an der Spitze vor Schütz, der zu diesem Zeitpunkt nur 0,05 Punkte weniger hatte. Krückau kam aber durch schlechte Übungen an Barren und Reck (bedingt durch seine alte Verletzung) für den Einzelsieg nicht mehr in Betracht, und Klersy konnte Schütz sicher niederhalten."
Zur Abbildung (Foto W. Schütz): "Enorme Fortschritte hat der Camberger Turner Walter Schütz gemacht. Jedenfalls kann der TGG auf den beiden Spitzenplätzen ihrer Riege mit Krückau und Schütz zwei nahezu gleichwertige Kräfte einsetzen, zwischen denen in den letzten drei Wettbewerben nur 1 ,80, 0,80 und 1,05 Punkte lagen. Unser Bild zeigt Schütz bei einem prachtvollen Handstandüberschlag vorwärts am Langpferd."
Am 21. November 1966 erschien in dem Blatt die Schlagzeile:
"TV Villmar eroberte Titel zurück. Camberger Riege glücklos I Einzelwertung: Schütz um 0,05 P. vor Kremer“.
Vor einem sach- und fachkundigen Publikum wurde am Samstagabend in der Turnhalle des TV Villmar der diesjährige Geräte-Mannschaftsmeister der Gauklasse Mittellahn ermittelt. Die gastgebende Riege siegte mit 202,35 : 192,50 Punkten über die TG Camberg und revanchierte sich damit für die im vergangenen Jahr in Garnberg erlittene Niederlage. Ein kleines Trostpflaster für die Kneippstädter war der Einzelsieg von Walter Schütz, der Heinz Kremer (Villmar) um 0,05 Punkte auf den zweiten Platz verweisen konnte.
Die Camberger Riege kämpfte glücklos. Sie war auch insofern gehandikapt, als erstens Uli Schlicht für diesen schweren Wettkampf noch nicht reif war und zweitens Schlichts Bruder Rainer an einer Handverletzung laborierte. Diese Feststellungen sollen jedoch den Sieg der Gastgeber in keiner Weise schmälern. Villmar wirkte mannschaftlieh geschlossener, wie schon der zweite, dritte und vierte Platz in der Einzelwertung beweisen.
Beide Mannschaften traten in der vorgesehenen Aufstellung an: Garnberg mit Uli und Rainer Schlicht, Horst Fritsch, Klaus Eßl und Walter Schütz.
Die höchste Wertung am Langpferd erreichte Walter Schütz mit einem schönen Überschlag, für den mit 9,65 P. gleich die höchste Wertung des Abends vergeben wurde.
Einzelwertung: 1. Schütz (C) 52,00 P., 2. Kremer M 51,95 P., 3. Linke (V) 50,80 P., 4. Müller M 50,30 P., 5. Eßl (C) 50,15 P., 6. Falk (V) 47,20 P. 7. Fritsch (C) 45,75 P., 8. Schwarzendorfer (V) 45,30 P., 9. Rainer Schlicht (C) 39,60 P., 10. Uli Schlicht (C) 36,00 P."
Zur Abbildung (Foto W. Schütz): "BESTER EINZEL TURNER beim GeräteMannschaftskampf der Gauklasse Mittellahn in Villmar war der Camberger Walter Schütz, der beim Pferdsprung für seinen Überschlag auch die Höchstnote des Abends (9,65 P.) erhielt."
Teilnahme am Landesturnfest 8.-12. Juli 1965 in Offenbach
Vor diesem Termin hatte ich mich dem TV Hofheim angeschlossen, um in der dortigen Turnhalle weiter mein Gerätetraining betreiben zu können. So kam es, dass ich als Turner des TV Hofheim zum Landesturnfest angemeldet wurde, und zwar für den Wettbewerb "Gemischter Achtkampf', wie von mir gewünscht.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, wie der Achtkampf gestaltet war. Ich denke: 4 Disziplinen Leichtathletik und 4 Übungen Geräteturnen. Das Verhältnis könnte aber auch gewesen sein: 3 Disziplinen Leichtathletik und 5 Übungen an Turngeräten. Meine Überraschung war groß, als das Ergebnis bekannt gegeben wurde: 1. Sieger Walter Schütz, TV Hofheim. Zahl der Teilnehmer 83.
Dies war mein größter Erfolg als Turner und Leichtathlet. Ich denke, dass ich in dem Wettkampf bei den Übungen Weitsprung und im Pferdsprung die entscheidenden Punkte erzielt habe. Und es muss mir ein Wettkampf frei von Patzern gelungen sein.
Nur so war es möglich, den Wettkampf der 83 Teilnehmer zu gewinnen.
Ich fing dann an, Tennis zu spielen und später kam noch Golf hinzu.
Das Turnen habe ich gleichzeitig sein lassen.
Mitwirkung bei der Organisation eines großen Turnvergleichskampf: Europaauswahl gegen die japanische Olympia-Mannschaft 1963 in der Frankfurter Festhalle
Die Organisation dieser Top-Veranstaltung lag beim Deutschen Turnerbund. Dieser rief die Turner der Frankfurter Turnvereine zur Mitwirkung auf, insbesondere bei der ordnungsgemäßen Aufstellung der Turngeräte und Matten
Ein paar Tage vor dem Termin entschied der Turnwart, dass ich in der Festhalle beim Einmarsch die Fahne tragen solle. Ich fühlte mich sehr geehrt und habe die Fotos von diesem Auftritt in guter Verwahrung.